Beginn der Apfelweinproduktion (von Günther Hoffmann)

Nach der Normandie Fahrt sollten wir im Herbst 1959 an einem Samstag auf Anweisung des Trägervereins die Äpfel auf Friedels Grundstück ernten. Es wurde ein striktes Verbot erlassen, dass keiner von uns einen Apfel essen durfte, weil dies Mundraub sei. Wohin mit den geernteten Äpfeln? Auf Anweisung der Chefs vom Trägerverein wurden sie in Kisten geschüttet, deren eigentlicher Zweck darin bestand,

Zeltmaterial zu den Lagern zu transportieren. Sie hatten ein Volumen von gut zwei Kubikmetern. Da die Äpfel schwerer sind als Zelte, waren die am Abend gefüllten drei Kisten nicht mehr von der Stelle zu bewegen. Ein Abtransport war für die Verantwortlichen unmöglich. Die Kisten standen eine Woche lang auf dem Grundstück und die Äpfel begannen zu verrotten. Friedel grämte sich um das kostbare Obst und unsre Gruppe, genannt Clochards, sann auf Mittel und Wege, um die Äpfel dem bornierten Trägerverein abzunehmen. Wir organisierten einen so genannten Gummiwagen und füllten bei Dunkelheit mit Friedels ausdrücklicher Billigung soviel Äpfel in Säcke, wie der Wagen fassen konnte. Dann transportierten wir die Beute hinunter nach Kronberg zur Kelter des Gasthauses „Zum Feldberg“. Der Wirt mit Namen Friedel Mösinger in Kronberg „Mösi“ genannt, meinte dass wir mit gut hundert Litern Süssen rechnen könnten, die wir am nächsten Tag abholen sollten. Irgendwoher kam ein 30 Liter-Glasballon und ich lieh von meinem Vater ein hölzernes 60 Liter-Fass. Mit dieser Ausrüstung kamen wir zu Mösi. Der Süsse wurde in die auf dem Gummiwagen befindlichen Gefäße gefüllt. Unter dem Gewicht brach die Deichsel des Wagens, das Fass kam ins Rollen und brachte den Glasballon zum Platzen. Dreißig Liter Süsser sprudelten zu Boden und bis zu den Knöcheln in der Brühe stehend jammerte Mösi: „Mein scheene Sieße“. So konnten wir nur den im Fass abgefüllten Teil der Beute in Numas Kohlenkeller bringen, wo er zu Apfelwein ausgebaut werden sollte. Aber auf dem Unternehmen lastete der Fluch der bösen Tat. Nach einer Woche trafen sich die Clochards im Keller, um schon mal den Rauscher zu probieren. Er schmeckte so köstlich, dass erhebliche Mengen getrunken wurden. Dies hatte für die Clochards aber auch für den Apfelwein böse Folgen. Als wir eine Woche später, nunmehr etwas zurückhaltender, wieder unseren entstehenden Apfelwein verkosten wollten, mussten wir feststellen, dass er verdorben war. In das halbleere Fass war Sauerstoff eingedrungen und hatte den Rauscher zu Essigester oxidiert, der wie UHU schmeckte. Mein Vater hat noch Jahre lang nach dem Fass gefragt, aber wir haben es nicht mehr hergegeben, weil wir im nächsten Jahr wieder Apfelwein machen wollten. Im Herbst des darauf folgenden Jahres 1960 hatte sich der Stamm in „Schinderhannes“ umbenannt. Nach der Grundsteinlegung für das Fritz-Emmel-Haus durften wir als nunmehr erfahrene Apfelweinhersteller Friedels Äpfel offiziell ernten. Seit damals wird im Stamm Schinderhannes bis zum heutigen Tage Apfelwein produziert.

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